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Édith Piaf

Hymne an das Leben

Biographie

 

List Verlag, Berlin 2015

List Taschenbuch 61207

464 S., Photos, Bibliographie, Chanson-Repertoire,

Film- und Theater-Repertoire

ISBN 978-3-548-61207-2

 

Mit ihren Chansons bezauberte sie Millionen, ihre Bühnenpräsenz war legendär. Ihr dramatischer Lebensweg vom halb verhungerten Gossenkind zum international gefeierten Star bot Stoff für unzählige Filme und Romane. Ihre Chansons kennt wohl jeder, als „Spatz von Paris“ wurde sie zum Mythos. Anlässlich ihres 50. Todestags im Oktober 2013 legt Jens Rosteck schon jetzt die erste große deutschsprachige Biographie dieser Ausnahmesängerin vor. Er zeigt sie als ebenso zerbrechliche wie kompromisslose Künstlerin, die sich buchstäblich für ihre Leidenschaft verzehrte.

Der in Frankreich lebende Musikwissenschaftler Jens Rosteck kennt das Leben und die Musik der Piaf wie kaum ein anderer. Eindringlich schildert er ihre Kindheit als Tochter eines Zirkuskünstlers, ihre ersten Auftritte als Straßensängerin, ihren atemberaubenden Aufstieg, aber auch ihre Drogenexzesse, Krankheiten, unglücklichen Männergeschichten und Eitelkeiten.

In sein furioses Lebensbild streut Rosteck treffliche Porträts ihrer größten Hits ein – von "La vie en rose" über "Milord" bis zum unvergesslichen "Non, je ne regrette rien" - ergänzen das Lebensbild. Eine der schillerndsten Künstlerexistenzen des 20. Jahrhunderts wird so auf unterhaltsame Weise lebendig.

 

 

https://www.youtube.com/watch?v=QGHP2LNRWtg


 

https://www.youtube.com/watch?v=ovFbXUGNfYg&feature=youtu.be


 
 

 

Stimmen und Rezensionen

 

 

Sachbuch-Favorit von Bayern 2, Mai 2013

 

 

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Der Titel ist ein gelungenes Portrait der faszinierenden Sängerin, das sich eigentlich für jeden Leser lohnt, der das Leben liebt.

 

www.biographie-journal.de, März 2013

 

 

 

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Viele Legenden ranken um Édith Piaf. Jens Rosteck geht ihnen nach und sucht nach der Wahrheit.

Sein Buch über "die Piaf" ist die erste ernstzunehmende deutsche Biographie über den "Spatz von Paris". 

 

Die Welt, April 2013 (Literarische Welt)

 

 

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Eine facettenreiche, gründlich recherchierte Biographie der Chansonsängerin Édith Piaf, derzeit wohl das Beste auf Deutsch erhältliche Buch über sie.

 

 

Buchkultur, Juni/Juli 2013

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Die erste deutschsprachige Biographie dieser einzigartigen Künstlerin, die wirklich in die Tiefe geht und eigene Akzente setzt.

 

Deutschlandradio Kultur, Juni 2013

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Édith Piaf. Ihre Geschichte wurde auf Deutsch nie wirklich erzählt. Unfassbar. Jetzt aber doch. Und zwar gleich so, dass es als Referenz gelten kann. Jens Rosteck lebt seit 1990 in Frankreich als Publizist, Musikwissenschaftler und Biograf (Bob Dylan, Hans Werner Henze, Lotte Lenya/Kurt Weill). Und hat alles richtig gemacht. Seine Piaf-Lebensgeschichte ist spannendst zu lesen, tausendfarbig, gut geschrieben und gleichzeitig fundiert, sauber recherchiert.

 Ein Standardwerk, in dem auch ein persönlicher Touch nicht fehlt: Da schreibt einer, dem Thema angemessen, mit Herzblut.

 

Folker, Juli 2013

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Ein Buch, das wie das OEuvre von Piaf selbst das Zeug zum Kultwerk hat.

 

Tageswoche, kultwerk no. 98, September 2013

 

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Ein Glücksfall für den Leser.

 

Generalanzeiger Bonn, Oktober 2013

 

 

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Dass die Abgründe [von Piafs] Existenz hinter ihrer Lebensleistung sichtbar werden, ist das größte Verdienst dieser neuen Biographie.

 

NZZ am Sonntag, Oktober 2013

 

 

 

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Rosteck schreibt präzise und elegant und gewinnt den Leser mit seiner feinen Ironie und seinem Scharfsinn. Er urteilt, aber verurteilt nicht.

 

Jens Rostecks gut recherchierte, kluge und angenehm zurückhaltende Biografie über Édith Piaf erzählt vom Leben einer schwierigen Diva, das sich nicht ausschließlich als Groschenroman lesen lässt.

 

Süddeutsche Zeitung, Januar 2014

 

 

 

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Wer sich für die Geschichte des Chansons im 20. Jahrhundert und insbesondere für Édith Piaf interessiert, dem sei dieses Buch wärmstens empfohlen!

 

Forum Musikbibliothek, März 2014

 

 

 

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Jens Rosteck – Edith Piaf

 

Umfassende und empathische Biographie mit „Bonus“

 

Trotz der vielfachen Literatur über Edith Piaf, eine zusammenhängende, umfassende und Werk und Person in der Breite würdigende Biographie im deutschsprachigen Raum fehlte durchaus.

Eine Lücke, die Jens Rosteck nun in hervorragender Manier zu schließen versteht auf den knapp 410 Seiten seines neuen Werks.

 Jene Sängerin Frankreichs, die sich weit über Frankreich hinaus in das kollektive Musikgedächtnis eingebrannt hat, von der Sascha Guitry zu Recht sagt: „Ihr Leben war dermaßen traurig.... Fast zu schön, um wahr zu sein“.

 Von ganz unten nach ganz oben. Und wieder abwärts. Und wieder aufwärts. Auf der Suche nach der großen Liebe, für die sie sich immer wieder ganz und gar hingab (auch hier mit teils hartem Schicksal). Aber auch ebenso klar und stringent sich trennte von Freunden, von Männern, von langjährigen Weggefährten (wie ihrer kongenialen Komponistin und Texterin nach mehr als zwanzig Jahren).

 Eine Künstlerin, der man vieles, fast alles verzieh, wenn sie sang. So in jenem fast berüchtigten Konzert, bei dem die Piaf mit vier Stunden Verspätung auftrat voller Zorn gegen das wütende Publikum, unter Pfeifen und Johlen die ersten Lieder dennoch sang und bei dem zum Schluss eine Intensität, eine Verbindung zwischen ihr und dem Publikum herrschte, die fast magisch zu nennen war.

 „Und alles basiert auf der ewigen Opferbereitschaft ihrer Lippen, die vor Schmerz vibrieren, wenn sie diese gewöhnlichen, banalen Worte formt. Ihrer Lippen, die im Angesicht Gottes den Schrei der ganzen Erde ausstoßen“.

 Poetische, ergriffene Superlative, die so gut wie jeder, der die Piaf auf der  Bühne erlebte, von sich gab. Angesichts dieser so wankenden und im Extrem lebenden Frau aus den Arbeitervierteln Paris. Dem Alkohol zugewendet, notorisch unzuverlässig, eine unbequeme, zutiefst rebellische und doch poetische, entrückte Gestalt. Eine Frau auch, die durchaus aktiv ihr Image pflegte, die der eigenen Legendenbildung tatkräftig zur Seite stand. Und die ein maßloses Leben führte.

 „Kleinwüchsig, eigensinnig, leidenschaftlich“, das war und ist der Mythos der Edith Piaf. Jenen Mythos, den Rosteck empathisch und intensiv vor die Augen des Lesers legt. Ihre Stimme, ihre Energie und ihr Bestreben, Legendenbildung zu betrieben sind dabei die Fäden, die Rosteck zugrunde legt, um die Person hinter der Legende, die Frau hinter der Stimme Schritt für Schritt kennen zu lernen. Von diesem ungeheuren Zufall auf den Champs Elysees, als Straßensängerinnen von einem Cabaret Betreiber entdeckt und, vom Fleck weg, unter Vertrag genommen und gefördert zu werden.

 „Ihre Stimme hat mich im Innersten ergriffen, hat mich bei den Eingeweiden gepackt“. Als sänge die kleine Pariserin um „ihr Leben, um Leib und Seele“. Eine Frau, die, gerade zu Beginn, wankelmütig war, mit den alten Freunden vom Pigalle leicht und gerne „versumpfte“, die eigensinnig ihren Weg ging, dabei nicht und Freund und Feind kannte, die langjährige Begleitungen (und Lieben) einfach hinter sich ließ und es (zumeist), den Personen zudem noch überlassen hat, das selber zu realisieren. Schmerzen hatte sie erlitten, die kannte sie, und Schmerzen verursachte sie. Aber immer wieder, sobald der Vorhang sich öffnete, betrat sie eine andere Welt, mit und in der sie die Menschen bis zum Schluss im Innersten berührte.

 Dieser ganze Lebensweg, die Brüche, die Lieben, das Maßlose, das Sensible, das Wissen um ein „gutes Lied“ und ihre ganz eigenen musikalischen Interpretationen, Jens Rosteck gelingt es in einem durchaus ebenfalls poetischen Stil Leben und Person der Piaf tief reichend im Buch darzustellen. Und zudem, als Zugabe gewissermaßen, sich einer ganze Reihe der wichtigsten Chansons interpretierend zu nähern (als je in sich abgeschlossene Einschübe im Buch).

 Eine sprachlich hervorragende Lektüre, die sich ihrem Thema bestens informiert nähert und den „Mythos Piaf“ ebenso spüren lässt, wie die wahre Person hinter den Legenden.

 

www.rezensions-seite.de, April 2013

 

 

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Leben zwischen Dichtung und Wahrheit: Neue Biographie über Édith Piaf

Fast 50 Jahre nach ihrem Tod ist Édith Piaf noch immer eine Legende – und sie trug zu Lebzeiten selbst zur Legendenbildung bei, schmückte ihre eigene Biographie gerne aus. Zum Beispiel ihre Geburt – angeblich wurde sie unter dramatischen Umständen auf einer Pariser Treppe geboren, tatsächlich kam sie ganz normal im Krankenhaus zur Welt. Auch ihr Liebesleben und Liebesleid inszenierte die Piaf öffentlich – passend zur Bühnenfigur. Der Autor Jens Rosteck stellt nun in seiner überzeugenden Biographie „Édith Piaf – Hymne an das Leben“ Dichtung und Wahrheit nebeneinander und schildert ihr tatsächlich oft dramatisches Leben: ihre schwierige Kindheit, ihre ersten Auftritte auf der Straße, ihre Drogenexzesse, Krankheiten und unglücklichen Beziehungen – und natürlich ihre einzigartige Karriere mit Chansons, die noch heute jeder kennt.

 

Sie ist Paris. Die Stadt könnte auch Piaf heißen, sagte Marlene Dietrich einmal. Aber wer die Wahrheit über die Piaf wissen will, muss nach Nizza. Denn dort wohnt der wahrscheinlich fleißigste Biograph, den Édith Piaf je hatte: der Musikwissenschaftler Jens Rosteck, der alles aus diesem großen Leben noch einmal auf den Prüfstand stellte - sogar ihre Autobiographie - und jetzt das Buch "Édith Piaf - Hymne an das Leben" veröffentlicht hat. "Sie hat es von vorne herein so angelegt, dass die objektive Wahrheit nicht existiert", so Rosteck. "Schon einfache Ereignisse wie ihre Geburt oder Hochzeiten hat sie mit Legenden umrankt. Und man kann versuchen, etwas von diesem Gestrüpp wieder zu entfernen."

Geboren auf der Pariser Straße?

Édith Piaf ist eine Legende, und an der hat sie kräftig mitgestrickt. Das Märchen beginnt schon mit der Geburt: Angeblich wurde sie auf Pariser Stufen geboren. Ein echtes Gossenkind sozusagen. Völliger Quatsch: Die Wahrheit steht auf der Geburtsurkunde, wie Rosteck erzählt: "Es war eine ganz normale Krankenhausgeburt. Aber das hat sie sich eben zusammenphantasiert, weil es so viel dramatischer war: Der Vater musste dann einen Streifenpolizist zur Hilfe holen. Der hat daraufhin angeblich seine Pelerine ausgebreitet. Auf der ist sie entbunden worden. Das stimmte jedoch alles nicht: Für sie war wichtig, dass sie auf den Straßen von Paris auf die Welt kam."

Tatsächlich war ihr Leben dramatisch

Die Schwindeleien erzählt Jens Rosteck gleich mit. Sie sind ja auch zu schön. Und dramatisch war ihr Leben tatsächlich. Édiths  Kindheit: ein Elend. Sprechen lernte sie im Bordell ihrer Großmutter, mit ihrem Vater übernachtete sie in Hauseingängen - beruhigte den hungrigen Magen mit Fusel, trat mit ihm im Zirkus auf und als Sängerin auf der Straße. Eine Schule für die Bühne. "Sie wusste durch ihre Zirkuserfahrung, wie jemand wirkt auf der Bühne. Entweder er fasziniert oder er kommt nicht an. Sie wusste: Wenn jemand auf der Straße an ihr vorbeigeht und stehenbleiben soll, muss sie in ihm etwas auslösen. Und das hatte sie als ganz kleines Kind gelernt, das steckte ihr in der Seele, steckte ihr im Blut", erzählt der Biograph.

Verkorkstes Privatleben, auf der Bühne perfekt

Édith war ein Zirkuskind, das auszog, um ein Weltstar zu werden: und es tatsächlich schaffte - kraft ihrer Stimme. Entdeckt an einer Pariser Straßenecke und dann trainiert bis zur Perfektion. Ihr Privatleben war verkorkst, ihre Bühnenfigur perfekt. Sie gab die Leidende. Aber die Piaf war eigentlich alles andere: eher schon ein Vamp. Ihr letzter Ehemann war zwanzig Jahre jünger, da konnte sie vor lauter Arthrose schon nicht mehr die Finger krümmen - eine früh vergreiste 46-Jährige. "Es war am Ende einfach unentwirrbar", sagt Rosteck. "Man konnte ihr nicht raten: Nimm weniger Tabletten, trink weniger, nimm weniger Morphium. Das war alles vernetzt. Und diese Männergeschichten und die vielen Auftritte waren vielleicht viel stärkere Drogen als die Substanzen."

Eine Beerdigung als Volkstrauertag

Ihr Leben war in jeglicher Hinsicht heftig - und deswegen auch kurz. Ihre Beerdigung geriet zum Volkstrauertag. Bilanz: Ein Superstar - die Dietrich. Ein Toter - durch Herzinfarkt, und gleich mehrere Trauergäste stürzten im Gedränge in die Gruft. "Das war etwas, was auch ihr gefallen hätte", sagt Rosteck. "Sie wollte, dass noch einmal Spektakel ist. Insofern ist sie ihrer Zeit wirklich voraus gewesen. Weil sie die Massenhysterie bedient hat. Und weil sie diesen Typ des leidenden Künstlers, sich selbst zerstörenden Künstlers sozusagen eingeführt hat."

Édith Piaf war ein Star, der sich erst selbst erschafft und dann zerstört. Dieses schnelle Leben wurde wohl noch nie so minutiös erzählt wie in diesem Buch. Wer es liest, wird verstehen: Édith konnte nur verbrennen. Alles andere hätte sie sicher bereut.

 

NDR Kulturjournal, März 2013

 

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In Deutschland ist sie vor allem durch Chansons wie „La Vie en Rose“, „Milord“ oder „Non, je ne regrette rien“ bekannt. Édith Piaf, der Spatz von Paris. Deren Leben und Werk hat jetzt der in Nizza lebende Hamelner Musikwissenschaftler Jens Rosteck nachgezeichnet. 

 

Es war ein dramatischer Lebensweg. Vom Gossenkind zum international gefeierten Star. Édith Piaf, der Spatz von Paris, eine Ausnahmesängerin, eine Ausnahmefrau, ein Ausnahmeschicksal. Mit seiner jetzt im Berliner Propyläen Verlag erschienenen, 460 Seiten starken Biografie setzt der aus Hameln stammende Jens Rosteck der Piaf ein Denkmal. Der Musikforscher fügt dabei den zahlreichen Biographien und Dokumentationen über das Leben der Piaf nicht einfach ein weiteres Werk hinzu, sondern dringt mit bemerkenswerter Sensibilität ein in die Psyche einer äußerst fragilen Persönlichkeit, dringt ein in die Zeit- und Gesellschaftsumstände, vor deren Hintergrund das Leben der Piaf sich vollzog. Eine der wohl schillerndsten Frauen, der hier ein Mann mit seiner in jeder Phase gelungenen Schreibe nachspürt. Was dabei entsteht, ist ein bei aller Einfühlsamkeit doch spannend zu lesendes Werk, das man kaum wieder aus der Hand legen möchte. Rosteck vermeidet Überdramatisierungen ebenso wie naheliegendes Pathos oder Sentimentalitäten.

 

Mit sicherem Gespür für Atmosphären, äußere und innere Landschaften, zeichnet Rosteck in einer mitunter überaus bildhaften und farbigen Sprache den Lebensweg der Piaf vom Pariser Straßenkind, über der „Widerspenstigen Zähmung“, der Zeit im besetzten Frankreich bis hin zum internationalen Aufstieg zum Star und zum Ende der Künstlerin nach. Spannend ja, aber in jeder Zeile voll Verständnis für eine nach Liebe schier gierende Frau. Es ist faszinierend, wie hier ein männlicher Schreiber die Psyche einer mit unglaublicher Leidensfähigkeit ausgestatteten Künstlerin in Worte fasst. Dabei bleibt Rosteck bei der gebotenen Sorgfalt, fügt eine exzellente kommentierte Bibliographie bei, gibt dem Ganzen mit Zitatnachweisen und Anmerkungen einen beinahe schon wissenschaftlichen Charakter. Was ist das nun? Vielleicht ein in Ansätzen musikwissenschaftlicher Text mit romanhaften Elementen, glänzend erzählten Passagen: Ein Psychogramm, sicherlich. Vor allem aber ein Buch, das – man mag es kaum glauben – die Piaf dem Leser auf neue, bislang wenig akzentuierte Weise näherbringt. „Piaf must go on“, so überschreibt Rosteck seinen Epilog. Dazu hat er mit diesem in der Tat äußerst lesenswerten Buch einen wichtigen Beitrag geleistet.

 

Unser Buchtipp in dieser Woche. Das soeben erschienene Buch „Édith Piaf. Eine Hymne an das Leben“, von Jens Rosteck. Ein Buch, das nicht nur frankophile Chansonfreunde, sondern auch an Frauengeschichte Interessierte unbedingt zur Hand nehmen sollten. Im Herbst wird Rosteck sein neues Buch in der Hamelner Bibliotheksgesellschaft vorstellen. Ein Termin, den man sich schon jetzt im Kalender vormerken sollte. 

 

Zeilensprung / radio aktiv, März 2013

 

 

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Édith Piaf - warum die Grande Dame gleich zwei Todestage hat


Hameln. „Hymne an das Leben“ heißt die Biografie, die Dr. Jens Rosteck über Édith Piaf geschrieben hat. Erscheinen wird das Buch im Frühjahr 2013 – lesen wird der gebürtige Hamelner Schriftsteller und Musikwissenschaftler daraus aber bereits am kommenden Sonntag, 14. Oktober, bei der Matinee der Bibliotheksgesellschaft. Um 11.15 Uhr beginnt die Lesung im Vortragsraum der Pfortmühle. Es ist seit langer Zeit die erste Biografie, die auf Deutsch erscheint.

 

Herr Dr. Rosteck, haben Sie am vergangenen Mittwoch eigentlich eine Kerze angezündet?
Nein, aber ich habe schon gesehen: Es passt ausgezeichnet, dass ich nur wenige Tage nach Édith Piafs Todestag an diesem Mittwoch meine Biografie über sie in Hameln vorstellen werde. Es war für mich übrigens eine schöne Herausforderung, noch ein weiteres Buch über Paris zu schreiben. Denn diesmal geht es nicht um die Hochkultur, um Opernstars und Schriftsteller, sondern um eine Sängerin aus der Gosse. Das ist reizvoll, aber natürlich auch recht schwierig. Édith Piaf war weder eine Existenzialistin noch eine Expressionistin, sie führte ihr eigenes, von der Epoche unabhängiges Leben. Der Zeit hat sie selbst ihren Stempel aufgedrückt.

Sie meinen, weil Édith Piaf sozusagen losgelöst von allem agierte?
Ja, so ist es. Sie entstammte einer Schaustellerfamilie, also dem Zirkus-Metier. Und sie hat auch außereuropäische Vorfahren. Ihre Eltern haben sich nicht um sie gekümmert. Ihr Werdegang ist von Anfang an eine Legende. Was ihr Geburtsdatum angeht, so ist selbst da nicht ganz sicher, wann und wo genau sie geboren wurde. Und die wenigen Fakten, die es gibt, verschleierte sie. So liegt vieles bis zu ihrem 18. Lebensjahr im Dunkeln.

Und um ihren Tod ranken sich erneut Legenden. Obwohl sie 1963 im Hinterland der Côte d’Azur starb, wurde ihr Totenschein einen Tag später in Paris ausgestellt. Und die Leiche nachts zurück in die Hauptstadt gefahren…
Ja, das habe ich sehr ausführlich nachgezeichnet. Sie war ja erst 47 Jahre alt, als sie starb, sah aber bereits aus wie eine 80- oder 90-Jährige. Schließlich hatte sie ein Dasein geführt, das für mehrere Menschen gereicht hätte. Eigentlich ist ihr Todestag der 10. Oktober – der 11. wurde getürkt. Es war für sie enorm wichtig, in Paris zu sterben und nirgendwo sonst. Bei ihrer Beerdigung sollen bis zu 400.000 Leute auf dem Friedhof gewesen sein.

400.000 Menschen?
Ja, es ist unvorstellbar. Selbst wenn es nur 100.000 gewesen wären, schier unglaubliche Menge. Die Leute sind auf Grabsteine geklettert, in die Gruft gefallen und haben sogar den Friedhof verwüstet, weil alle etwas sehen wollten. Es muss grauenhaft gewesen sein. Aber ein richtiges Event, wie man heute sagen würde.

Wie haben Sie für Ihr Buch recherchiert? Sie leben ja ganz in der Nähe von Plascassier, dem Ort, in dem Édith Piaf starb.
Ja, ich bin auch dorthin gefahren. Ebenso zu der Villa, in der sie an der Cote d’Azur gelebt hat: auf dem Cap Ferrat.

Wird denn in Plascassier überhaupt an Édith Piaf erinnert? Sie verbrachte dort ja nur wenige Wochen …
Nein, dort gibt es erstaunlicherweise gar nichts. Nicht einmal in der Villa, in der sie im Sommer vor ihrem Tod lebte. Umso mehr Erinnerungsstätten findet man in Paris. Dort war ich längere Zeit im Frühjahr und habe dort ganz erstaunliches Briefmaterial gefunden. Seit 1935, also fast 30 Jahre lang, hatte Édith Piaf einen diskreten Brieffreund. Ein älterer Herr, ein Bücherwurm, der sich viel in Antiquariaten herumtrieb. Für sie war er eine Art Ersatzvater, dem sie vieles schilderte und gestand. Das war sehr spannend zu lesen. Erst einmal zuvor wurden diese Briefe ausgewertet. Ich habe sie mit einbezogen in die Biografie und bin darüber hinaus viele Schauplätze in Paris abgelaufen: ihr vermeintliches Geburtshaus, ihr tatsächliches Geburtshaus, ihr Grab, den Platz, der nach ihr benannt wurde. Natürlich aber auch die Orte, an denen ihre Soloabende stattfanden und wo sie entdeckt wurde.

Na, da haben Sie sicher von den Recherchen zu Ihrem Buch „Schauplatz Musik: Paris“ profitieren können, oder?
Ja, absolut! Darin widme ich nämlich den Chansons und Schlagern ein großes Kapitel. Es diente mir sozusagen als Vorlage für die Piaf-Biographie. Die Musik von Maurice Chevalier oder Josephine Baker etwa, Vorläufer und Zeitgenossen von Édith Piaf. Gleichzeitig hatte sie später immer eine Schar jüngerer Sänger um sich, die sie entdeckte und denen sie zu einer Riesenkarriere verhalf: Yves Montand oder Charles Aznavour zum Beispiel. Sie hatte ein gutes Gespür für Talente, einen untrüglichen Instinkt.

Und offenbar kein so gutes Gespür dafür, wann ihr selbst eine Pause gutgetan hätte.
Ihre große Karriere machte Édith Piaf in den 50er Jahren. Dann folgte der gesundheitliche Abstieg, ein Niedergang auf Raten. Wie man ihn auch bei anderen Musikern wie der Callas, Janis Joplin oder zuletzt Amy Winehouse beobachten kann. Aber sie war süchtig nach dem Ruhm, ging weiter auf Tournee und wurde schwer abhängig von Medikamenten. Von ihren Bühnenauftritten geht jedoch eine erstaunliche Magie aus. Ich habe viele Dokumentarfilme ihrer Konzerte gesichtet.

Apropos: Haben Sie eigentlich ein Lieblingslied von Édith Piaf?
Oh ja: „Les Mots d’amour“ – das bedeutet „Die Wörter der Liebe“. Édith Piaf hat das Lied erst 1960 aufgenommen. Darin geht es um die Banalität und auch Wichtigkeit der immergleichen Liebes- und Koseworte. Es ist ein sehr schöner Titel, kein tragisches Lied, sondern kennzeichnend für ihr Leben. Geradezu programmatisch. Und man erkennt daran, wohin sie sich musikalisch entwickelt hätte, wenn sie älter geworden wäre.

 

Deister- und Weserzeitung, Oktober 2012

 

 

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Die 147 Zentimeter kleine Riesin

 

Neues Buch: "La Vie en rose" fand man 1945 zu banal – ein Liebeslied wollte keiner von der Piaf.

Als Édith Piaf begraben wurde, fiel Frankreich in Staatstrauer. „Zum ersten Mal seit Kriegsende“, schreibt ihr Biograph Jens Rosteck, „kam der Verkehr vollständig zum Erliegen“. Gaffer und Trauernde überall, auf den großen Plätzen, auf den Champs-Élysées. Da, wo 28 Jahre zuvor alles begonnen hatte. Wo zwei junge Straßensängerinnen ihr Glück versuchten und eine von ihnen entdeckt wurde.

Nur ja keine Heiligenverehrung wollte der Musikwissenschaftler Rosteck, der auch über Bob Dylan, Lotte Lenya und Kurt Weill Bücher veröffentlichte, in seiner Piaf-Biographie betreiben. Er wollte „den Menschen Édith in seiner Komplexität porträtieren, mit all seinen Brüchen und Ungereimtheiten.“ Etwa ihrem Mystizismus, dem sie ihre sparsame, exzentrische Gestik verdankte.

Als Dreijährige erkrankte Édith an einer Augenkrankheit und drohte, zu erblinden. Ihre Tanten, bei denen sie damals lebte, betrieben zwar ein Bordell, waren aber ebenso vom naiven Katholizismus beseelt wie der Rest des Dorfes Bernay, der die heilige Thérèse von Lisieux aus dem Nachbarort, ähnlich der Bernadette von Lourdes, verehrte. Die bigotten Tanten pilgerten nach Lisieux, um Édith zu heilen und brachten ihr eine Heiligenfigur mit.

Bei der Rückkehr der katholisch Beflissenen wurde dem Kind die Augenbinde abgenommen, es konnte wieder sehen, ein Wunder. Für das möglicherweise auch Salben und Tropfen verantwortlich waren. Doch Édith würde die Heilige ihr Leben lang verehren und deren Gestik – die gen Himmel gereckten Hände– übernehmen. Thérèse und Édith, beide Berufene, „jedes Konzert eine Wallfahrt“, schreibt Rosteck.

„Jedes Mal, wenn sie singt, meint man, sie risse ihre Seele zum allerletzten Mal aus dem Leib,“ sagte Jean Cocteau über sie. Ob das auch ihr Entdecker, der Varieté-Betreiber Louis Leplée, fühlte, als er 1935 zum ersten Mal die eindringliche Stimme der neunzehnjährigen Édith Giovanna Gassion hörte, die mit ihren 147 Zentimetern Körpergröße in schäbigen Kleidern auf den Champs- Élysées stand und mit dem Lied vom Spatzen, „Comme un moineau“, gegen den Verkehrslärm ansang?

Leplée erfand das Straßenmädchen neu: Nannte es „La Môme Piaf“ – das Spatzenkind („piaf“ ist ein anderer Begriff für „moineau“, Spatz) und ließ ihr ein schlichtes schwarzes Kleid schneidern. Bei kaum einem Auftritt würde sie künftig etwas anderes tragen, „sie verwuchs mit ihrem kleinen Schwarzen“, schreibt ihr Biograph Rosteck.

Was sein Buch so besonders macht: Rosteck beschreibt nicht nur das Leben der Piaf, sondern auch das ihrer Lieder.

 

Kurier (Wien), März 2013

 

 

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Rätselhafte Königin des Chansons

 

Die erste deutschsprachige Biografie „Édith Piaf – Hymne an das Leben“ ist gerade erschienen. Autor Jens Rosteck begab sich intensiv auf Spurensuche. Sie selbst hat ihren Mythos schon zu Lebzeiten begründet.

 

Die Besessene, die Beseelte, die Unleidliche, die Gesegnete – unzählige Attribute, eins hochtrabender als das andere, sorgen für Allgegenwärtigkeit des Mythos Édith Piaf. Vor allem in diesem Jahr, ein halbes Jahrhundert nach dem Tod der Stimmgewaltigen, die wie keine andere Sängerin zum Synonym des französischen Liedguts Chanson wurde. Wer war sie wirklich, die Frau, deren Tonkonserven immer noch mit geradezu obsessiver Hingabe belauscht werden, und warum hatte ihre Stimme diese überaus große Wirkung?

 

Der in Frankreich lebende Wissenschaftler, Pianist und Autor Jens Rosteck begab sich in Paris auf die Spurensuche nach der „Königin des französischen Chanson“. Fündig wurde er für die erste große und gerade erschienene deutschsprachige Biografie „Édith Piaf – Hymne an das Leben“im winzigen Privatmuseum, das ein Piaf-Freundesverein eingerichtet hat, in Pariser Bibliotheken und vor allem im musikalischen Nachlass von Piaf selbst.

 

Rostecks aufgeschriebene Piaf-Lebensgeschichte unterscheidet sich von den vielen bislang hauptsächlichin Frankreich erschienenen Biografien über die sogenannte „Stimme des Volkes“ durch seine Annäherung an die rätselhafte Frau mit detailgenauer, aber trotzdem kritisch-amüsierter kulturhistorischer und musikwissenschaftlicher Neugierde. Zwischendurch streut er pointierte Einzel-Porträts der großen Piaf-Hits ein und umgeht mit ihnen die ehrfurchtsvolle Starre vor dem Piaf-Lebenswerk, der schon etliche Autoren und Dokumentarfilmer anheim fielen. Er lässt die Piaf mittels ihrer geschilderten Gesangswucht über sich selbst erzählen, wenn er beispielsweise dieses charakteristische erste, langgezogene „Nooooon“ in „Non, je ne regrette rien“ ein Geschoss nennt, das dem Zuhörer unumgehbar entgegengeschleudert wird.

 

Am Ende seiner Recherche stand er „der grauen, steinernen und ziemlich hässlichen Piaf-Statue am Nordrand des nach ihr benannten Platzes gegenüber.“Während er in ihr eine zornige alte Frau, mehr Kind als Diva, mit trotziger Gebärde und schmerzverzerrtem Mund erblickte, ging ihm ein Satz aus dem Anfangskapitel ihrer Memoiren nicht mehr aus dem Kopf: „Es ist wahr, dass ich ein schreckliches Leben geführt habe; aber es war zugleich herrlich, weil ich es geliebt habe – ja, das Leben vor allem.“

 

In den 456 Seiten zuvor lässt Rosteck Piaf-Faszinierte wie Herman van Veen zu Wort kommen, den sie an eine „einsame, schutzlose und gehetzte Fledermaus“ erinnerte. Er stellt ihr Leben und ihr Gesamtwerk aber auch in kontemporären Kultur-Kontext. Und trotz der Tatsache, dass die Piaf keine „Schule“ begründete, weil sich ihre Stimme nicht kopieren lässt und ihre Lebensführung, aus der sie ihre Kraft schöpfte, kaum Vorbildcharakter besitzt, zeigt er die Allgegenwärtigkeit der Piaf im modernen Kulturbetrieb und vor allem im heutigen Paris an zahllosen Beispielen auf.

 

„Édith Piaf – Hymne an das Leben“ ist deshalb auch ein Stück weit Pariser Geschichte. Rosteck legt diese Vermutung zumindest bildhaft nahe, wenn er die Hunderttausenden skizziert, die ihrer Edith am 13. Oktober 1963 das letzte Geleit gaben. „Wenn ich tot bin, wird man schon so viel über mich geredet haben, dass schließlich niemand mehr weiß, wer ich wirklich war“, ließ die Piaf verlautbaren. Ihr Mythos entstand maßgeblich durch ihre Initiative.

Rostecks detailliertes Lebensbild der Piaf lässt die „Hymne an das Leben“ in all ihren widersprüchlichen Wahrheiten erklingen. Immer würde- und respektvoll, aber auch ungeschönt.

 

Aachener Zeitung/Aachener Nachrichten, März 2013

 

 

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Bittere Träume, gesungen an den Dachrändern von Paris

 

Akribisch. Minutiös. Der Antwort ist Jens Rosteck dicht auf den Fersen.

 

Frankfurter Allgemeine Zeitung, März 2013

 

 

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Dass ein verqueres Leben wie dieses gleichwohl viel literarischer ist als eines von bruchloser Glückseligkeit, kommt der Biographie „Édith Piaf. Hymne an das Leben“von Jens Rosteck zugute.

 

Morgenpost am Sonntag (Dresden/Chemnitz), März 2013

 

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Sie sang sich aus dem Puff in Frankreichs Herz / 

Aus der Gosse ins Olympia

 

Jens Rosteck beschreibt das dramatische Leben der Édith Piaf

 

Viele Legenden ranken um Édith Piaf. Jens Rosteck geht ihnen nach und sucht nach der Wahrheit. Sein Buch über "die Piaf" ist die erste ernstzunehmende deutsche Biographie über den "Spatz von Paris". 


War Édith Piaf, wie es die Legende will, die bedeutendste Chansonsängerin Frankreichs? Das ist keineswegs ausgemacht: Mistinguett, Damia, Fréhel, von der unvergleichlichen Yvette Guilbert ganz zu schweigen – an Kandidatinnen, die ihr diesen Titel streitig machen könnten, fehlt es nicht. Was "La Môme", die Göre von Paris, den übrigen singenden Damen voraus hatte, war das Drama ihres Lebens.

Der Aufstieg aus der Gosse mit Zwischenstationen im Zirkus und im Bordell zu den nobelsten Adressen des Schaugewerbes, zum Bobino und Olympia, zur Salle Pleyel und zur Carnegie Hall – kein Wunder, dass der Film die steile Karriere unwiderstehlich fand. Auch der Kontrast zwischen Zwergwuchs und atemberaubendem Männerverschleiß, das Wechselbad von Zusammenbrüchen, Operationen, Entziehungskuren und Triumphen auf der Bühne war für die Leinwand wie geschaffen.

Aus Anlass ihres 50. Todestages legt der Propyläen-Verlag jetzt eine Biographie vor – "die erste große deutschsprachige", wie der Waschzettel verkündet. Der Verfasser, Jens Rosteck, bringt die besten Voraussetzungen mit: Er ist Musikwissenschaftler, lebt[e] in Paris und hat schon Bücher über Bob Dylan, Lotte Lenya und Kurt Weill geschrieben. Sein Problem ist, wie er freimütig bekennt, die verworrene Quellenlage. Mythos und Wahrheit auseinanderzuhalten, ist nicht einfach, zumal die Piaf selbst zur Mythenbildung fleißig beitrug.

 

Direkt aus der Gosse

 

Die fünfzig französischen Biographien, die das Literaturverzeichnis aufführt, stützen sich zu einem guten Teil auf Reportagen und Interviews der Regenbogenpresse – nicht gerade der zuverlässigste Cicerone. Als Amuse-Bouche zwischen den einzelnen Kapiteln serviert Rosteck vierzehn Kurzanalysen der populärsten Piaf-Chansons.

Das Buch setzt ein im Herbst 1935 mit der Entdeckung der knapp zwanzigjährigen Straßensängerin durch den Nachtklubbetreiber Louis Leplée. Er verpasst der stimmkräftigen Liliputanerin den Künstlernamen Piaf, "Spatz" im Pariser Argot, und lässt sie in seinem Kabarett "Le Gerny's" auftreten, unweit der Champs-Elysées. Zum ersten Mal steht das Kind aus dem Volke vor einem mondänen Publikum – und siehe da, ihre Songs von der sonnenabgewandten Seite des Lebens schlagen ein. Es dauert nur wenige Wochen, bis sich der Rundfunk meldet, die ersten Schallplatten folgen.

Von hier springt der Autor zurück zu den Anfängen der Édith Giovanna Gassion – so ihr richtiger Name: Der Vorname Édith ist eine Hommage an die englische Krankenschwester Edith Cavell, die damals in aller Munde war, weil sie im besetzten Belgien englischen Kriegsgefangenen zur Flucht verholfen hatte und zur Strafe von den Deutschen erschossen worden war.

 

Auf der Straße geboren?

 

Die ersten Jahre der kleinen Édith sind in besonders dichte Nebelschwaden gehüllt. Wenn wir der Fama glauben wollen, so wurde sie auf der Straße geboren, da die Mutter das Krankenhaus nicht mehr rechtzeitig erreichte. Rosteck verweist kühl auf das Geburtsregister und das Klinikprotokoll, aus dem sich ergibt, dass das Kind am 19. Dezember 1915 ganz bürgerlich im Hôpital Tenon im 20. Pariser Arrondissement zur Welt kam.

Bürgerlich waren die Eltern allerdings nicht. Der Vater ist Akrobat, der dem von Toulouse-Lautrec verewigten Schlangenmenschen Valentin le Désossé nacheifert. Die Mutter, eine italienische Straßen- und Kneipensängerin, lässt das Kind verlottern und kehrt der Familie drei Jahre später ganz den Rücken. Die kleine Édith wird bei der Mutter des Vaters untergebracht, die in Bernay, einer normannischen Kleinstadt, dem Freudenhaus vorsteht. Hier blüht sie auf und lässt sich von den kinderlosen Loretten verhätscheln.

Eine Hornhautentzündung stört vorübergehend das Idyll: Édith erblindet, gesundet jedoch nach einer Wallfahrt des gesamten Bordellpersonals zur heiligen Therese von Lisieux. Wieweit diese schöne Geschichte den Tatsachen entspricht oder von Maupassants Novelle "La Maison Tellier" inspiriert ist, lässt sich nicht mehr ermitteln.

 

"Schieß, wenn du ein Mann bist"

 

Als das Kind sieben Jahre alt ist, befindet die Großmutter, dass ein Ortswechsel unumgänglich ist. Édith zieht nun mit ihrem Vater von Rummelplatz zu Rummelplatz. Wie ihre Mutter wird sie Straßensängerin. Ihr Lebensmittelpunkt verschiebt sich zur Place Pigalle, dem Nabel des Pariser Nachtlebens. Als alleinstehende Frau kann man sich hier nicht behaupten. Ein Zuhälter namens Albert, im Milieu Ali Baba genannt, nimmt sie unter seine Fittiche und ist sogar damit einverstanden, dass sie nicht in der Horizontalen anschafft, sondern mit ihrer Stimme.

Die Trennung von ihm ist allerdings dramatisch: "Schieß doch, wenn du ein Mann bist!", will sie ihm zugerufen haben: "Ich sah noch, wie sein Blick sich verhärtete, dann hörte ich einen Knall und spürte ein Brennen am Hals." Ein Kumpan war ihm in letzter Minute in den Arm gefallen und hatte die Kugel abgelenkt.

Diese Wildwest-Szene mag erfunden sein, der gewaltsame Tod ihres Entdeckers Leplée war es nicht. Ob ihn Strichjungen oder Einbrecher in seiner Wohnung erschossen, wurde nie geklärt. Auch Édith geriet in Verdacht: Wegen ihrer Beziehungen zur Unterwelt verbrachte sie 48 Stunden in Untersuchungshaft. Als sie wieder herauskam, war ihr Ruf ramponiert, und sie brauchte einige Zeit, um den Karriereknick zu überwinden.

 

Die schöne Teilnahmslose

 

Dies verdankte sie dem Texter Raymond Asso, wegen seiner prominenten Nase "Cyrano" genannt, dem ersten in einer langen Reihe von Männern, denen sie künstlerisch wie außerkünstlerisch eng verbunden war. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, wurde Asso eingezogen, doch seine Geliebte tröstete sich schnell: Der elegante Paul Meurisse, vielen als sadistischer Schuldirektor in Clouzots Krimi "Die Teuflischen" noch in bester Erinnerung, folgte ihm nach. Damals sang er in einem Nachtklub, und bald sangen sie im Duett. Jean Cocteau schrieb dem neuen Paar das Monodram "Der schöne Teilnahmslose" auf den Leib: Während sich Édith ihrer Verzweiflung hingab, lag Paul Zeitung lesend und stumm auf dem Bett.

Die deutsche Besatzung änderte am Pariser Nachtleben wenig. Wer nicht Jude war, machte weiter wie vorher und ließ sich von den deutschen Uniformen im Saal nicht stören. Auch Édith tritt weiter auf und fährt sogar zweimal nach Deutschland, um vor französischen Kriegsgefangenen zu singen. In einem 1941 gedrehten Film spielt sie an der Seite von Meurisse und Jean-Louis Barrault ein Blumenmädchen.

Obwohl Rosteck ihr die Behauptung, sie habe auf ihren Deutschland-Tourneen Gefangenen zur Flucht verholfen, nur halb abnimmt, urteilt er über ihr Verhalten in den Besatzungsjahren mit österlicher Milde. Tatsächlich wurde sie – anders als Arletty, Tino Rossi, Sacha Guitry und viele andere Stars – nach dem Krieg zwar verhört, aber danach nicht weiter belästigt.

 

Geliebter Yves Montand

 

1945 ist Édith Piaf dreißig. Ihre Liaisons mit Sängern und Textdichtern setzen sich fort, doch von jetzt an ist sie nicht mehr das Mündel, sondern der Vormund. Das erste singende Talent, dessen sie sich annimmt, ist Ivo Livi, der blendend aussehende Sohn italienischer Einwanderer, der sich auf der Bühne nennt. Wie eine strenge Lehrerin krempelt sie sein Repertoire um: Sie treibt ihm die Yankee-Schnulzen aus und verbietet ihm die großkarierten Anzüge, in denen er bisher aufgetreten ist.

Mit einem Bleistift zwischen den Zähnen lernt er, wie man ein französisches Chanson sauber artikuliert. Der Erfolg lässt nicht auf sich warten: Schon bald empfindet sie ihn als Konkurrenten und gibt ihm den Laufpass. So stellt er es jedenfalls dar: "Mit einer Härte, wie nur sie sie kannte, hat sie mir die Tür vor der Nase zugeschlagen."

Natürlich beschränkte sich ihr Männerkonsum nicht auf Kollegen. Eine Zeit lang favorisierte sie Radsportler. Ihre große Liebe, behauptete sie, sei der Boxer Marcel Cerdan gewesen. Leute, die sie gut kannten, bezweifeln dies und schreiben den posthumen Mythos dem Umstand zu, dass Cerdan mit dem Flugzeug abstürzte, bevor ihre Liebe erkalten konnte. Nach Cerdans Tod betäubte sie ihren Schmerz mit Morphium. Zwei Jahre später, im Sommer 1951, hatte sie kurz hintereinander zwei Autounfälle. Beim zweiten brach sie sich den Oberarm und mehrere Rippen.

 

Morphiumsucht

 

Im Krankenhaus verlangte sie wieder nach Morphium, auf das sie schließlich nicht mehr verzichten konnte. Während sie mit ihrem ersten Ehemann, dem Sänger Jacques Pills, für die bunten Blätter eheliches Glück vortäuschte, spielten sich hinter den Kulissen andere Szenen ab: Drogenrausch, Alkoholexzesse, Wutanfälle, Halluzinationen, Entziehungskuren. Ein blutendes Magengeschwür, weitere Autounfälle und Operationen folgten. 1958 wog sie nur noch 36 Kilo.

Es kam vor, dass sie mit glasigem Blick auf die Bühne torkelte. Gelegentlich mussten Vorstellungen abgebrochen werden. Aber aufs Ganze gesehen, hielt sich die schwer Angeschlagene tapfer. Natürlich ließ sich ihr prekärer Zustand auf die Dauer nicht verheimlichen. Aber sie verstand es, aus ihrer Schwäche Kapital zu schlagen. Ihre Konzerte verwandelten sich in kultische Wiederauferstehungsfeste. Man feierte sie als "Hohepriesterin der Agonie".

Wenn sie ihrer Gemeinde dann noch versicherte "Non, je ne regrette rien", dann raste der Saal. Als sie Ende 1960 im Olympia auftrat, wurde sie von einem viertelstündigen Beifallsorkan empfangen. Drei Monate lang füllte sie Abend für Abend das große Haus und rettete es vor dem Bankrott, 1962, ein Jahr vor ihrem Tod, heiratete sie zum zweiten Mal.

 

"Ich bereue nichts"

 

Théo Sarapo war zwanzig Jahre jünger und von Hause aus Friseur. Sie glaubte an das Gesangstalent des hübschen Griechen und trat gemeinsam mit ihm auf, soweit es ihre abnehmenden Kräfte noch erlaubten. Dass er sich eigentlich mehr für Männer interessierte als für Frauen, hätte sie früher gestört. Jetzt machte es ihr nichts mehr aus.

 

Jens Rosteck breitet das Auf und Ab dieses hochdramatischen Lebens liebevoll und sorgfältig annotiert vor uns aus. 

 

Die Welt, März 2013

Die literarische Welt, April 2013

Berliner Morgenpost, April 2013

 

 

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Spannende Annäherung an einen Mythos


Fünfzig Jahre nach dem Tod von Édith Piaf erscheint nun eine weitere Biographie dieser außergewöhnlichen Künstlerin. Und geschrieben hat sie ein Mann, der über eine große Erfahrung im Verfassen von Lebensgeschichten [verfügt] hat. Allerdings hat mich seine Monographie zu Bob Dylan weniger überzeugt als sein neustes Werk. Das mag auch daran liegen, dass er den Lebensraum von Edith Piaf sehr viel besser kennt als den von Bob Dylan. Denn Jens Rosteck lebt seit 1990 als Publizist, Kulturgeschichtler und promovierter Musikforscher in Frankreich. Zudem hat er diesmal nicht nur Sekundärquellen zusammengetragen und neu zusammengestellt, sondern selber recherchiert.

 

Sacha Guitry schrieb über Édith Piaf: „Ihr Leben war dermaßen traurig... Fast zu schön, um wahr zu sein.“ Aber wer sich einer Person mit dieser Haltung nähert, erliegt leicht der Versuchung, das Leiden zu beschönigen und zu instrumentalisieren. Und obwohl Jens Rosteck ebenfalls dazu neigt, die dunklen Seiten manchmal genussvoll auszuleuchten, hat er im Ganzen gesehen doch einen guten Mittelweg zwischen seriöser Berichterstattung und dramatischen Überhöhungen gefunden.


Die Biographie beginnt mit dem Blick aus dem Publikum, den Jean-François Noël 1950 in Worte fasste und von Jens Rosteck ergänzt wird. Und auf die rhetorische Frage, wie man sich als Biograph einem solchen Monument nähert, antwortet Rosteck: „Vielleicht, indem man den Parcours vorrangig als das Dasein einer Theaterkünstlerin und Selbstdarstellerin auffasst, ohne dabei die Sängerin und Textdichterin zu vernachlässigen. Indem man der Versuchung widersteht, Piaf als Heilige, als Star oder als Liebende zu rezipieren, und stattdessen den Menschen Édith in seiner ganzen Komplexität porträtiert, mit all seinen Brüchen und Ungereimtheiten.“ Um diesem Anspruch gerecht zu werden, richtete Jens Rosteck seine Aufmerksamkeit in erster Linie auf Piafs Stimme, ihre Energie und ihr Bestreben, Legendenbildung zu betreiben.

 

Nach einem ebenso schön formulierten wie inhaltlich dichtem Prolog beschreibt Rosteck die ersten acht Jahre von Édith Piafs Leben. Und wenn er dies unter der Überschrift „Keine Kindheit“ tut, hat er bereits vieles vorweggenommen, was sich in den Texten von Piafs Lieder in anderer Form wieder findet. Zu den Besonderheiten dieser Biographie gehört das stilistische Mittel, Porträts von Piafs größten Hits zu zeichnen. Diese sprachlichen Bilder sind für mich Grund genug, Rostecks Buch mit Überzeugung weiterzuempfehlen. Zumal ich annehme, dass die meisten Leser die bekanntesten Chansons kennen. Zudem verführen diese Porträts dazu, sich die Lieder nochmals anzuhören und dank der Ausführungen von Jens Rosteck neu zu entdecken.

 

Die chronologische Ordnung wird bis zum Schluss beibehalten. Wenn ich im Folgenden die Kapitelüberschriften wiedergebe, so möchte ich damit auch auf die Sprache des Autors aufmerksam machen. Den Leser erwartet: Prolog: vom Donner gerührt. Singen um zu überleben (1935) – Keine Kindheit. Bellevile und Bernay (1915-1923) – Gossenkinder , Straßenmädchen. Die „Schwestern“ von Pigalle (1924-1935) – Der Widerspenstige Zähmung. Ein Spatz wird flügge (1936-1940) – Fifis frivole Freiheit. Eine Blumenverkäuferin im besetzten Paris (1949-1944) – Ich will ’nen Cowboy als Mann! Versailles in der Neuen Welt (1944-1948) – Marcel und Marlene. Die Karussells von Coney Island (1948-1950) – Wer wird denn weinen, wenn man auseinandergeht? Séancen und Sechstagerennen (1950-1956) – Immer wieder von vor anfangen. Triumphe, Unfälle, Operationen (1956-1959) – Erdgeist, Heuschrecke, Nachtigall. Die Despotin vom Boulevard Lannes (1969-1963) – Zweimal sterben. Autumn Leaves an der Côte d’Azur (1963) – Epilog: „Piaf must go on!“- Das Erbe der Madame Lamboukas (1963-2013). Im Anhang finden sich: Zitatnachweise und Anmerkungen, Kommentierte Bibliographie, Die Chansons – Das Repertoire, Die Filme, Auf der Theaterbühne, Bildnachweis und Personenregister.

 

Mein Fazit: Was ich bisher über das Leben von Édith Piaf wusste, waren vor allem Extrakte aus Mythen und Gemeinplätzen. Mit dem Anspruch mehr über die prägenden Jahre dieser Künstlerin zu erfahren, machte ich mich an die Lektüre dieser neuen Biographie. Jens Rosteck ist es gelungen, Biographisches geschickt in das Werk von Édith Piaf einzubinden. Damit ermöglichte er mir einen neuen Zugang zu Liedern, die in meinem Elternhaus erklangen und wohl mehrere Generationen prägte. Gerne empfehle ich diese Biographie auch jüngeren Lesern, da Édith Piafs Lebensgeschichten und ihre Chansons von Dingen handeln, die überzeitlichen Charakter haben. 

 

aus einer amazon.de-Kundenrezension, Mai 2013

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Die aktuell beste deutschsprachige Biographie über sie.

 

Buchkultur, Juni/Juli 2013

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Legenden einer einzigartigen Künstlerin

Jens Rosteck: "Edith Piaf: Hymne an das Leben", Propyläen Verlag 2013

 

Edith Piaf nahm sich von ihren Liebhabern oft nur das, was sie für den Moment suchte - Sex und Bewunderung. Sie gab aber auch viel zurück.

Mehr darüber schreibt Jens Rosteck in seiner detaillierten Biographie anlässlich des diesjährigen 50. Todestages der französischen Chansonsängerin. 

 

Riesenerfolge und wunderbare Musik. Kleine und große Skandale. Üble Abstürze und vor allem jede Menge Liebesgeschichten und glamouröse Affären. Die französische Sängerin Edith Piaf (1915 - 1963) kostete gerne die Extreme aus, und ihr Leben bietet bekanntermaßen sehr viel Stoff, der sich spannend und ausführlich erzählen lässt. Aus Anlass ihres 50. Todestages im Oktober dieses Jahres ist nun die erste deutschsprachige Biographie dieser einzigartigen Künstlerin erschienen, die wirklich in die Tiefe geht und eigene Akzente setzt. 

Autor Jens Rosteck beschäftigt sich detailliert mit den Legenden und Geschichten, die es um den "Spatzen" gibt, hinterfragt aber erfreulicherweise vieles und hat das umfangreiche Material, das bereits vorlag, neu gelesen, überprüft und erzählt. Dazu hat er Material eingearbeitet, das erst in den letzten Jahren auftauchte (z.B. den Briefwechsel mit dem Radrennfahrer und Ex-Geliebten "Toto" Géradin), wodurch dieses Buch auch schon rein faktisch eine Bereicherung ist. Auch wenn man schon einiges über die Piaf weiß: hier erfährt man - und das in vielen Zwischentönen und Nuancen - sehr viel Neues. 

Loses Halbwissen lässt sich mit dieser Veröffentlichung gut auffüllen. Die enge, treue Freundschaft mit Marlene Dietrich wird ebenso ausgeleuchtet wie die intensive, ausnahmsweise rein platonische Liebe zum Dichter Jean Cocteau. Und auch die vielen eingearbeiteten Anekdoten sind überaus lesenswert: Z.B., wie die abgemagerte Edith eines Tages im Stockholmer Theater für die Klofrau gehalten wird, wie sie mit ihrer Entourage umgeht oder wie sie mal wieder einen ihrer zahlreichen Lebensabschnittsgefährten abserviert. Piaf nahm sich von ihren Liebhabern oft nur das, was sie für den Moment suchte - Sex und Bewunderung - gab aber auch viel zurück. Viele ihrer früheren Liebhaber (z.B. Yves Montand, Eddie Constantine oder Georges Moustaki) sind berühmt aus Ihrer Piaf-Liaison hervorgegangen. 

Rostecks detaillierte Schilderungen setzen zweifelsfrei einen hungrigen Leser voraus. Piaf-Fan kann man dann aber durch die Lektüre dieses Buches ziemlich schnell werden, wenn man es nicht ohnehin schon war. Außerdem regt die Lektüre dazu an, immer wieder in die Musik einzusteigen und auch weniger bekannte Piaf-Lieder noch einmal neu zu hören und zu entdecken. Es freut einen von daher umso mehr, dass sich Rosteck - er ist Musikwissenschaftler - auch intensiv und mit großer fachlicher Kompetenz mit Piafs musikalischen Output und ihrer künstlerischen Herangehensweise auseinandersetzt.

Nach jedem der zehn Haupt-Kapitel durchleuchtet der Autor mindestens ein zentrales Lied aus dem Piaf-Repertoire und schildert aufschlussreich die Hintergründe. In dem Lied "Hymne à l'amour", an das sich der Titel dieses kurzweiligen und über weite Strecken auch sehr poetisch geschriebenen Buches anlehnt, steckt für den Autor die Summe aus Piafs Schaffen. "So schön und so tragisch sind Liebesbekundungen mit Ewigkeitsanspruch, sind Liebesschwüre, die über den Tod hinaus gehen, selten in eine populäre musikalische Form gebracht wurden", schwärmt Rosteck über dieses, noch heute relevante, Lied. 

 

Hier erfährt man - und das in vielen Zwischentönen und Nuancen - sehr viel Neues.

 

Deutschlandradio Kultur, Juni 2013

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"Unglaublich faszinierender Lesestoff für den Urlaub."

 

Meins - Frauen wie wir, Juni 2013

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"Eine, die alles ins Bett zerrt, was nicht wie der junge Johnny Hallyday panisch von hinnen rast. Eine, die – zu jeder Tages- und Nachtzeit exaltiert, besoffen, zugedröhnt – das Leben und seine Schicksalsschläge in sich hineinfrisst. Eine, die, von Drogen und Schmerzen zerfressen, die höchste Intensität in der Musik erreicht, eine Rocklady avant la lettre: Édith Piaf.

 

Ihre Geschichte wurde auf Deutsch nie wirklich erzählt. Unfassbar. Jetzt aber doch. Und zwar gleich so, dass es als Referenz gelten kann. Jens Rosteck lebt seit 1990 in Frankreich als Publizist, Musikwissenschaftler und Biograf (Bob Dylan, Hans Werner Henze, Lotte Lenya/Kurt Weill). Und hat alles richtig gemacht.

 

Seine Piaf-Lebensgeschichte ist spannendst zu lesen, tausendfarbig, gut geschrieben und gleichzeitig fundiert, sauber recherchiert, mit teilweise erstmals zusammengetragenen bio- und bibliografischen sowie musikalischen und Filmlisten.

 

Besonders bemerkenswert (und bisher durch das ganze Promifeuerwerk rund um „la môme“ oft vergessen): Rosteck erzählt und analysiert ein gutes Dutzend der wichtigsten Piaf-Chansons und beleuchtet damit das Interpretengenie dieses kleinen immensen Persönchens.

 

Ein Standardwerk zum fünfzigsten Jahrestag des Todes von Édith Piaf im Oktober, in dem auch ein persönlicher Touch nicht fehlt: Da schreibt einer, dem Thema angemessen, mit Herzblut."

 

Folker, Juli 2013

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"Am 10. Oktober dieses Jahres ist es 50 Jahre her: Edith Gassion, genannt der Spatz (le piaf) starb, nicht in ihrer Stadt Paris, in der sie 1915 geboren worden war, sondern an der Cȏte d’Azur, musste heimlich über Nacht nach Paris gebracht werden, wo ihr Hausarzt am folgenden Tag ihren Tod bestätigen und ihn auf den Ort Paris festlegen konnte. Ihr letzter Ehemann glaubte ihr diesen kleinen Betrug schuldig zu sein, und ihr hätte das gefallen.

 

Sie fand an vielem Gefallen, was brave Bürger aller Länder verabscheuen. Das Milieu, in dem sie aufwuchs, war brutal und lasterhaft, extrem und leidenschaftlich, hart, unfair und herzlich. Sie war extrem liebebedürftig, Liebe fordernd und wegwerfend, mannstoll und männerverachtend.

 

Dass sie singen konnte, rettete ihr das Leben, sie sang Hymnen an die Liebe und das Laster, Chansons über die Liebe zum Laster und das Leiden an ihm. Ihre Stimme war von plebejischer Härte und Zärtlichkeit. Fast jeder hat sie im Ohr, fast jeder kennt irgendeine krumme Geschichte aus ihrem Leben.

 

Jens Rosteck kennt sie allesamt, und er kennt ihr ganzes Leben aus einer neuen Sicht, studierte die alten und viele neue Dokumente (bisher unveröffentlichte Briefe) und kann Liebenswertes von Bösartigem, Erfundenes von Echtem unterscheiden.

 

Er erzählt das Leben des Spatzen von Paris aus einer innerfranzösischen Sicht für ein deutsches Lesepublikum, dem manches an der Piaf nahegeht, aber fernliegt.

Und er erzählt ihr Leben nicht wegen biografischer oder soziokultureller Pointen, sondern wegen Piafs Gesang, um ihrer Unterwelt-Stimme, ihrer Großstadt-Musik, um ihrer Gossen-Lieder willen, die mit einer unverwechselbaren Einmaligkeit, hundert Jahre nach Baudelaire als musikalische Blumen des Bösen ihre narkotisierende Wirkung entfalten.

 

Und darum hat Rosteck, was uns besonders freut und interessiert, 14 Liedporträts verfasst, und sie als Intermezzi, nicht in der Chronologie ihres Entstehens, sondern querstehend zu ihrer Umgebung, zwischen die zehn Kapitel seiner Piaf-Biografie geschoben. Sie versuchen, den Ausnahmezustand, in den jedes Lied der Piaf einen versetzt, zu ergründen, die Magie der Worte und die Sogwirkung der Töne zu dechiffrieren. Rosteck paraphrasiert nicht nur in einer poetischen Quadratur die Texte der Chansons, sondern beschreibt auch ihre Stimmungswerte, interpretiert und kommentiert sie.

 

Auch wenn es manchmal nur seine subjektiven Assoziationen sind, die den Projektionsraum der Musik ausmalen. Er dichtet der Musik nichts an, beschreibt manchmal sogar musikalische Satztechniken, um die Machart zu erklären, durch die das Fluidum der Klänge ausgelöst wird ‑ nie sentimental, nie nur sachlich, immer dem Lied ins Herz treffend. Er kennt die Namen der gesamten Piaf-Entourage und die Geschichten, die sich um alle ihre Textdichter, Komponisten und Arrangeure (seien sie nun männlich oder weiblich) ranken.

 

Seine Biografie ist geeignet, diese Chansonnière, die einmal mit dem, was Paris war, identisch war, erneut in Deutschland einzubürgern, für eine neue Generation, die etwas distanzierter sein mag als die der surrealistisch-existentialistischen Jahrzehnte, aber noch empfänglich genug für diese Art von schwarzem Realismus."

 

info-netz-musik, August 2013

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Edith Piaf – Hymne an das Leben

Sie wurde nur 47 Jahre alt: Edith Piaf, der Spatz von Paris, die grösste Frauenstimme des französischen Chansons. Zu ihrem 50. Todestag erscheint eine neue Biografie, die ihr vielschichtiges Leben nachzeichnet – und dabei Legenden und Mythos angenehm kritisch hinterfragt. 

Ihr Vibrato ist ebenso unvergesslich wie ihr markantes «r», ihre stimmliche Stärke und ihre menschliche Fragilität kombinierte sie in vielen Chansons, vom Leben gezeichnet, vom Tod umkreist. «Ich empfand eine Art übler Freude am Zerstören meiner selbst», bekannte Edith Piaf. Lebenslust und -frust, Selbstvertrauen und -zweifel, Geselligkeit und Einsamkeit begleiteten sie ein Leben lang. Ein Leben, das von so vielen Legenden umrankt wird, dass man kaum noch weiss, was wahr ist und was nicht.

Am 10. Oktober jährt sich ihr Tod zum 50. Mal. Edith Piaf, das Artistenkind aus der Gosse, das zum Weltstar aufstieg, wurde nur 47 Jahre alt. In dieser kurzen Zeit führte sie ein Leben voller Leidenschaft, Exzesse, Höhen und Tiefen, die in einer neu erschienenen deutschsprachigen Biografie nachgezeichnet sind.

 

Einem Buch, das wie das OEuvre von Piaf selbst das Zeug zum Kultwerk hat.

Jens Rosteck erzählt das Leben der französischen Sängerin lebhaft und beseelt, detailreich, aber auch mit kritischer Distanz, hinterfragt Anekdoten, die «einem Groschenroman entliehen scheinen und deren Wahrheitsgehalt sich nicht klären lässt», wie er zugibt. Widersprüchliche Aussagen von Zeitzeugen führen zu einem umfassenden Bild der wankelmütigen Sängerin und ihrer Entourage, weitaus präziser und glaubwürdiger, als dies in Piafs eigenen Memoiren der Fall war. Und auch vielschichtiger als im leicht enttäuschenden Biopic «La vie en rose», das 2007 in die Kinos kam.

 

Denn wer sich den Film anschaut, ist zwar beeindruckt von Marion Cotillards oscargekrönter Leistung, das Drehbuch aber konzentriert sich auf die dunklen Seiten der Piaf, auf ihre Vulgarität und ihr Elend, wirft mehr Fragen auf, als es Antworten gibt.

 

Nicht so das Buch, das im Untertitel als «Hymne an das Leben» verkauft wird. Die launischen Seiten von Piaf, aber auch die altruistischen, die im Film unterschlagen werden, legt Rosteck ausführlich dar.

 

Dabei gelingt es ihm prächtig, Piafs Biografie mit jener ihrer grossen Chansons zu kreuzen, von «Elle fréquentait la Rue Pigalle» bis zu «Je ne regrette rien», jenem Lied, das sie am Ende ihrer Karriere sang, am Ende ihres Lebens auch, damit ihren Mythos zu erhöhen wusste, weit über den Tod hinaus. Unvergessen geblieben ist sie bis heute, täglich besuchen Dutzende Menschen ihr Grab auf dem mystiscehn Pariser Friedhof Père Lachaise. Ein Besucher sagte mir mal, Piaf erhalte posthum mehr Blumen als Jim Morrison, Chopin und Oscar Wilde zusammen. Vielleicht auch nur eine Legende. Unbestritten aber ist, dass ihre Stimme, ihre Geschichte(n) bis heute berühren und nachhallen.

 

Tageswoche - kultwerk no. 98, September 2013

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Triumph und Tragik

 

Die Piaf war stets gefährdet: Sie trank gern und viel und vertraute häufig den falschen Männern. Es war ein ewiges Muster: Die Triumphe waren nicht ohne Tragik zu haben, die Höhenflüge nicht ohne Abstürze. Krankheiten, Unfälle, Schicksalsschläge begleiteten sie ihr ganzes Leben lang. [Olivier Dahans Film La Môme] „akzentuiert beinahe ausnahmelos die düsteren Begebenheiten, das Elend und die Vulgarität“, hat der Autor Jens Rosteck mit kritischem Unterton festgehalten. Und den Beweis angetreten, dass es besser geht.

 

In der Biografie „Édith Piaf – Hymne an das Leben“ ,die rechtzeitig zum 50. Todestag Piafs am 10. Oktober erschienen ist, malt Rosteck ein vollständiges Lebensbild der als Édith Giovanna Gassion in Belleville geborenen Sängerin.

 

Was er überdies liefert: profunde Analysen ausgewählter Piaf-Chansons. Seine Deutung von „Hymne à l'amour“ beispielsweise ist ein Glücksfall für den Leser.

 

Jens Rosteck bewahrt trotz aller Faszination auch immer Distanz. Natürlich kommt auch Rosteck nicht an Piafs sadistischer Ader vorbei und an ihrem Talent zu verheerender Selbstzerstörung. Es gab Gründe dafür. Diese Frau, weniger als anderthalb Meter groß, verlor ihre Tochter Marcelle mit nicht einmal zwanzig. Der Boxer Marcel Cerdan, ihre große Liebe neben dem Radsprinter Louis Gérardin, starb 1949 mit 33 Jahren bei einem Flugzeugabsturz. Der Karriere-Boulevard der Piaf in den Olymp des französischen Chansons war gleichsam gepflastert mit privaten Katastrophen. Nach dem Tod von Cerdan stand sie – the show must go on – auf der Bühne: „Ich stand Höllenqualen durch, vor denen Worte versagen. Ich war nur noch Fleisch um ein todwundes Herz. Doch ich hielt durch.“ Édith Piaf: ein Bühnensoldat. Selbst als sie dem Ende entgegen taumelte und ihre Lieder klangen wie Schreie aus dem Grab, dachte sie noch an die Zukunft. „Wenn ich wählen könnte, würde ich gern mitten im Singen auf der Bühne zusammenbrechen“, hatte sie einen unbescheidenen Wunschformuliert. Das Schicksal hatte andere Pläne. Piaf starb nach schwerer Krankheit am 10.Oktober 1963.

 

Dem Biografen Jens Rosteck gebührt das Verdienst, den Lebens- und Karriereweg Piafs hell ausgeleuchtet zu haben. Er zeigt mehr als den offiziellen, von Piaf selbst erschaffenen Mythos: kleinwüchsig, eigensinnig, leidenschaftlich, unverwüstlich.

 

Was bleibt und überlebt, ist die Kunst der Sängerin, für die Poeten und Künstler wunderbare Worte gefunden haben. Der Chansonnier Léo Ferré zum Beispiel bewunderte die Tragödin Piaf, „deren zutiefst humane Kunst aus den Tiefen ihres Herzens und ihrer Seele herrührt“. Jean Cocteau dichtete: „Jedes Mal,wenn sie singt, meint man, sie risse sich ihre Liebe zum allerletzten Mal aus dem Leib.“ Am besten sang sie, wusste Yves Montand, einer ihrer unzähligen Liebhaber, „wenn sie in Ekstase oder innerlich gebrochen war“. Das ewige Wechselspiel von himmelhochjauchzend, zum Tode betrübt, den permanenten Flirt mit dem Triumph und mit dem Tod verwandelte Piaf in überwältigende Tonkunst. Großes Thema: die Liebe, die sie in ihren Liedern zärtlich, einschmeichelnd, wirbelnd und aufgekratzt sinnlich besang. Damit machte sie die Menschen glücklich. Für Piaf selbst war Glück eine rare Empfindung: „Man ist nie glücklich. Und wenn überhaupt, dann nur zehn Minuten am Tag.“

 

Generalanzeiger Bonn, Oktober 2013

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Audienz im Morgenmantel

Jens Rostecks gut recherchierte, kluge und angenehm zurückhaltende Biografie über Édith Piaf erzählt vom Leben einer schwierigen Diva, das sich nicht ausschließlich als Groschenroman lesen lässt.

 

"Mach schnell", sagt sie übel gelaunt zu dem nervösen Charles Dumont, der ihr am Klavier eine neue Melodie vorstellen möchte. Sie hält nicht viel von dem Komponisten, hat ihn schon oft abgewiesen, und sie ist müde. Doch als sie die fanfarenhaften Töne hört, ist sie elektrisiert. Dieses Lied wird ihres werden, das weiß Édith Piaf sofort: "Non, je ne regrette rien". Eine trotzige Hymne an das Leben, wie ihr Biograf Jens Rosteck schreibt. Es passt deswegen so gut, weil die Piaf sich in ihrem Leben, das so reich an Siegen war wie an Katastrophen und Krankheiten, nie beklagt hatte. Sie teilte kräftig aus, aber sie konnte auch einstecken. [...]

Mit kritischer Distanz beschreibt und analysiert Jens Rosteck auch die bedrückenden Aspekte dieses ambivalenten Charakters. [...]

 

"Erdgeist, Heuschrecke, Nachtigall. Die Despotin vom Boulevard Lannes" hat der Autor dieses düstere Kapitel der frühen Sechzigerjahre im Leben der Piaf genannt. Schon die bildhaften Überschriften verführen zur Lektüre.

 

Rosteck schreibt präzise und elegant und gewinnt den Leser mit seiner feinen Ironie und seinem Scharfsinn. Er urteilt, aber verurteilt nicht.

 

Auch sein umfangreiches Literaturverzeichnis, der kritische Umgang mit den Quellen und die so aufschlussreichen wie vergnüglich zu lesenden Anmerkungen zeugen von umsichtiger Recherche.

 

Wenn die Quellen unzuverlässig zu werden drohen - beispielsweise ähneln die von Noli verfassten "Lebenserinnerungen" der Piaf eher Groschenheftromanen, besonders was ihre Kindheit angeht - überprüft er die Texte auf ihre Schnittmenge und wählt nur die Begebenheiten, die in allen Quellen vorkommen.

 

An jedes Kapitel schließt sich eine Analyse über eins, manchmal zwei ihrer Lieder. Auf das Kapitel über die despotische Heuschrecke folgen beispielsweise "Milord", das ihr George Moustaki geschrieben hat, und das Lied, mit dem sie nach ihrem Tod am meisten identifiziert werden wird: "Non, je ne regrette rien".

 

Es sind dies brillant formulierte Essays von hohem musikalischen Sachverstand, die bis in feinste Nuancen Melodie und Sprache nachspüren und beispielsweise zeigen, wie die Nasale des "Non, je ne regrette rien" das emotionale Pathos phonetisch unterstützen.

 

Und manchmal erreicht er das, was sich so mancher Feuilletonist erträumt: dass es gelingt, mit den eigenen Worten ein Kunstwerk nachzuerschaffen.

 

Süddeutsche Zeitung, Januar 2014

 

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Bücher über Édith Piaf, den „Spatz von Paris“, wie die legendäre Chansonnière liebevoll von ihren Bewunderern genannt wurde, kann man inzwischen in Metern messen. Und doch ist es Jens Rosteck, dem seit über zwanzig Jahren in Frankreich lebenden deutschen Publizisten, Musik- und Literaturwissenschaftler, gelungen, ein ganz besonderes und unverwechselbares Porträt von dieser so außergewöhnlichen Künstlerin zu zeichnen, von ihrem atemberaubenden Lebensweg und vor allem von ihrer unvergleichlichen Interpretationskunst.

 

In den Vorbemerkungen verrät Rosteck sein „Rezept“: Er widerstand der Versuchung, „Piaf ausschließlich als Heilige, als Star oder als Liebende zu rezipieren, und [stellte] stattdessen den Menschen Édith in seiner Komplexität […], mit all seinen Brüchen und Ungereimtheiten“ (S. 14) in den Mittelpunkt. Ein Vorsatz, der vom Autor sehr lebendig und durchaus akribisch in die Tat umgesetzt worden ist. Das ist umso bewundernswerter, als Piaf selbst nicht unerheblich zur Legendenbildung um ihre Person beigetragen hat. „Ihr Mythos – kleinwüchsig, eigensinnig, leidenschaftlich, unverwüstlich – entstand, maßgeblich von ihr initiiert, bereits zu Lebzeiten“ (S. 14), betont Rosteck. In seinem Text geht er durchaus diesen Legenden nach, ohne sie allerdings als Wahrheit zu verkaufen. Und noch etwas unterscheidet diese Piaf-Biographie von den so zahlreichen anderen Piaf-Büchern: Ihrer Musik, ihren Chansons und ihrer unnachahmlichen Interpretationskunst, ihrem Ausdrucksvermögen und ihrer Körpersprache wird ein breiter, von Rosteck sachkundig genutzter Raum eingeräumt.

 

Vierzehn Chansons, die die ganze erstaunliche Spannbreite ihrer Kunst belegen (von „La ville inconnue“und „Padam, padam“, das ihr den Grand Prix de l’Académie du Disque Français einbrachte, über „La vie en rose“ bis zum weltberühmten„Non, je ne regrette rien“, das Rosteck auf S. 372 zu Recht einen „Jahrhundertsong“ nennt), werden hinsichtlich ihrer melodischen, harmonischen und rhythmischen Besonderheiten analysiert. Vor allem jedoch geht der Autor auf Piafs Interpretationskunst ein. Dabei findet er außerordentlich passende, sehr plastische und lebendige Bilder. Man meint, die Sängerin sehen und ihre unverwechselbare Stimme hören zu können.

 

Zudem wird auf die jeweilige Stellung der Chansons im Schaffen Piafs verwiesen. Diese vierzehn drucktechnisch abgesetzten Analysen, die durchaus auch separat gelesen werden können, gliedern die Biographie in zehn Kapitel. Die Biographie selbst wiederum wird von einem „Prolog: Vom Donner gerührt. Singen, um zu überleben. 1935“ und einem „Epilog: ‚Piaf must go on!‘ Das Erbe der Madame Lamboukas. 1963–2013“ eingerahmt.

 

Rosteck ist es überzeugend gelungen, mit dieser Piaf-Biographie ein zeit-, sozial- und kunstgeschichtliches Panorama der ersten sechs Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts zu entwerfen. Piaf, geboren 1915 und gestorben 1963, hat auf ihrem Weg vom einfachen, halbverhungerten Straßenkind zum international gefeierten Star alle nur denkbaren Tiefen und Höhen erlebt. Anschaulich werden ihre Geschwister, ihre Ehemänner und Lebensgefährten beschrieben, wird jeder Auftritt, jeder Mann, jede Reise dokumentiert, wird von ihren Krankheiten und ihrer Drogenabhängigkeit berichtet. Kaum ein Name, der die Chansongeschichte des 20. Jahrhunderts prägte, der im Zusammenhang mit der Piaf hier nicht auftauchen würde, ob Georges Moustaki, Marlene Dietrich, Yves Montand, Charles Aznavour, Maurice Chevalier oder andere. In den gesamten Text sind zudem zahlreiche Zitate eingebunden, u. a. von Jean Cocteau, der sich der „Nachtigall“ (S. 200) der Nation besonders verbunden fühlte und nur wenige Stunden nach Piafs Tod an einem Herzinfarkt starb.

 

Rosteck hat dem Buch einen umfangreichen Anhang beigefügt. Hier sind alle französischsprachigen Titel aufgelistet, die Piaf nachweisbar von ca. 1925 bis zu ihrem Tod 1963 auf der Bühne vorgetragen hat bzw. von denen Probenmitschnitte vorliegen; ferner sind die zehn Filme, in denen sie von 1935/36 bis 1957–1959 mitgespielt hat, dokumentiert. Zudem gibt es eine kenntnisreich kommentierte, in sich gegliederte Bibliographie, natürlich Anmerkungen und die Nachweise der Zitate sowie ein Personenregister.

 

Wer sich für die Geschichte des Chansons im 20. Jahrhundert und insbesondere für Édith Piaf interessiert, dem sei dieses Buch wärmstens empfohlen!

 

Forum Musikbibliothek, März 2014